Und wie sieht deine Zukunft aus?

…dies ist eine Frage, die man vor allem auf Familienfeiern immer wieder zu hören bekommt und meist noch keine Antwort darauf weiß. Wie so vielen jungen Menschen war mir nach 12 Jahren Schule und einem Abschluss in der Tasche nicht klar, wie es weiter gehen sollte. Man kennt nichts anderes als den Schulalltag und weiß danach nichts mit sich selbst anzufangen. Durch Schule charakterisiert und definiert, macht man sich also auf den Weg in das unbekannte Etwas, was man auch als „Zukunft“ bezeichnet. Wer bin ich jetzt? Ich dachte mir, die beste Art das herauszufinden und vor allem mich selbst zu finden, wäre es, sich von allem loszureißen und für ein Jahr in das Ausland zu gehen. Jedoch lief es ganz anders als geplant, denn Corona hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jetzt stand also die Frage im Raum: Was nun? Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, das Jahr zwischen meinem Schulabschluss und dem Studienbeginn sinnvoll zu nutzen und nicht nur zu Hause herumzusitzen und bin dabei auf das Konzept des Freiwilligen Sozialen Jahres gestoßen.

Junge Menschen arbeiten in gemeinwohlorientierten Einrichtungen, um ihr soziales Engagement in Handeln umzusetzen, so steht es auf der Website. Jedoch ist ein FSJ noch so viel mehr in meinen Augen und du wirst das sicherlich auch so sehen, wenn du erst einmal mit deinem FSJ begonnen hast. Ein FSJ hat mir die Möglichkeit gegeben, in einen sozialen Arbeitsbereich hinein zu schnuppern, ohne dass dieser unbedingt mein Traumberuf sein muss. Dabei ist es wichtig, sich auszuprobieren und sich selbst weiterzubilden, denn das Konzept des FSJs ist dafür da, den eigenen Horizont zu erweitern, sich selbst zu finden, auch wenn das heißt, dass man nach dieser Zeit weiß, was man in Zukunft zum Beispiel nicht machen möchte. Ein verschwendetes Jahr ist es keinesfalls.

Ich arbeite an der Pestalozzischule in Rochlitz, eine Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Für mich war ab meinem ersten Gespräch in der Einsatzstelle klar, dass ich perfekt in das Team passe und mich vor allem auch wohl fühlen werde. Nach einem halben Jahr an der Schule lerne ich jeden Tag etwas Neues dazu, ich lerne für mein Leben und vor allem lerne ich auch meine persönlichen Grenzen, Stärken und auch Schwächen besser kennen und das kommt oft in der Schulzeit zu kurz. So ein Arbeitsalltag kann üblicherweise auch etwas anstrengender werden, aber letztendlich lohnt sich jede Minute, jede Sekunde, weil ich weiß, dass ich dieses FSJ für mich selbst mache und zur gleichen Zeit ein Teil von etwas Größerem sein kann. Ich unterstütze die Lehrer durch die Begleitung des Unterrichts und bin auch in der Hortaufsicht tätig, gleichwohl bin ich viel mehr in den Augen der Kinder und auch in den Augen der Einsatzstelle: Ich bin eine große Unterstützung, ein Vorbild, eine Zuhörerin und noch vieles mehr. Die Arbeit mit den Kindern bringt mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, da man durch die vielen traurigen und auch unschönen Schicksale dieser merkt, dass die Welt eben nicht gerecht ist und es genug Menschen gibt, die in schlimmen Situationen nicht mehr weiterwissen und Hilfe brauchen. Desto schöner ist es für mich zu wissen, dass ich diesen Menschen helfen kann und vor allem für die Kinder da sein kann, die diesen Kreislauf mit eigener Kraft durchbrechen können. Es reicht schon ein Satz wie: „Das hast du toll gemacht!“ oder „Ich bin stolz auf dich!“, um den Kindern eine Freude zu machen und es verschönert mir jeden Tag das Lachen der Kinder zu sehen, die eigentlich nicht viel zu lachen haben beziehungsweise nicht oft lachen können.

      

Genau aus diesem Grund gibt es in jedem FSJ ein Projekt, was man mit den Kindern zusammen durchführt, um diese eben noch besser kennenzulernen und auch zu lernen, dass man mit jedem Kind anders umgehen muss und auch soll, denn Kinder sind nun einmal nicht alle gleich und das ist auch richtig so. Durch gemeinsames Arbeiten kann man viel schaffen und das müssen nicht nur die Kinder lernen, sondern oftmals auch wir junge oder auch ältere Erwachsene, denn genau das geriet manches Mal in Vergessenheit. Schon kleine Basteleien und ein Besuch vom Weihnachtsmann gibt jedem Kind wenigstens die Chance auf ein sinnliches und frohes Fest, was ich mit meinem Projekt auch erreichen wollte, da nicht jedes Kind Weihnachten in einem guten Elternhaus verbringen kann, in welchem sie möglicher Weise weder anerkannt noch geliebt werden und das zerreißt mir das Herz. Dadurch konnten die Kinder etwas erleben, wofür sie in manchen Fällen noch keine Gelegenheit hatten und das Beste ist: Die Kinder geben das einem immer zurück. Diese Dankbarkeit merke ich nicht nur an den vielen kleinen Basteleien oder gemalten Bildern, die ich in den letzten Monaten von den Kindern geschenkt bekommen habe, sondern auch daran, dass ich für viele eine Bezugsperson geworden bin und sie sich auch jeden Morgen freuen mich zu sehen. Sie wissen, dass sie immer mit mir reden können und vertrauen mir deshalb sehr viel an. Es ist ein tolles Gefühl, auf diese Art und Weise aufgenommen zu werden und sich willkommen zu fühlen. Einerseits haben mich die Kinder sehr liebevoll aufgenommen und akzeptiert und andererseits bin ich ein Vorbild für sie und natürlich trotzdem eine Erzieherin. Doch nicht nur die Einsatzstelle hat mich super in das Team aufgenommen, sondern auch die FSJ-Stelle. Ich kann mich bei jedem Problem oder bei jeder Frage an meinen Träger wenden und werde sehr lieb einbezogen. Ich habe mich in meinem ganzen FSJ nie unwohl oder ungewollt gefühlt, sondern immer wie ein vollwertiges Mitglied des Teams und das ist ein unbeschreiblich gutes Gefühl, so akzeptiert zu werden, wie man ist. Also wie sieht deine Zukunft aus? Sozial!

Ich würde mich immer wieder für ein Freiwilliges Soziales Jahr entscheiden!

Michelle